Harald Pohle, Mitglied des Landtags Brandenburg

Digitale Sitzungsformate in der Kommunalverfassung

16.6.2021

In der Landtagssitzung vom 16.06.2021 in Potsdam haben wir beschlossen, die Kommunalverfassung um einige wichtige Neuerungen zu ergänzen. Unter anderem haben wir die Möglichkeit der hybriden Sitzungsform für die kommunalen Gremien eingeführt. Als kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion durfte ich zu diesem Thema sprechen. Hier ist meine Rede zu lesen:

Bildquelle: https://www.rbb-online.de/imparlament/

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Abgeordnete,

die Kommunalverfassung bildet den Handlungsrahmen für all jene, die die örtlichen Angelegenheiten unserer Städte, Kreise und Gemeinden eigenverantwortlich mitgestalten. Unsere Aufgabe ist es, diesen Rahmen verlässlich, praxistauglich und zukunftsfest zu gestalten. Nur so können wir auch künftig die gelebte Demokratie vor Ort stützen und befördern.

Hinter uns liegt eine umfassende parlamentarische Beratung. Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, um allen Beteiligten für ihre intensive Mitwirkung zu danken.

Das Ergebnis liegt Ihnen heute vor. Das Gesetzesvorhaben enthält mehrere Verbesserungen für die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger auf kommunaler Ebene. Die neue Ausgestaltung des Verfahrens zum Bürgerbegehren sowie die Ausweisung von Ortsteilbudgets stärken und erweitern die Mitgestaltungsmöglichkeiten vor Ort.

So können die Initiatoren von Bürgerbegehren künftig bereits zu Beginn prüfen lassen, ob dieses auch zulässig ist. Die Bürgerinnen und Bürger sollen nicht erst am Ende der Unterschriftensammlung erfahren müssen, dass sie ihre Stimme und ihre Zeit für ein unzulässiges Bürgerbegehren eingesetzt haben. Denn das ist nicht nur ärgerlich, sondern kann im schlimmsten Fall zu Unverständnis und Resignation führen. Im Sinne der Nutzerfreundlichkeit haben wir im parlamentarischen Prozess die entsprechenden Regelungen des ursprünglichen Gesetzentwurfs noch etwas vereinfacht.

Außerdem haben wir im Ausschuss die Gelegenheit für eine weitere Neuerung genutzt: so sollen auch sachkundige Einwohner künftig Sitzungsgelder als Anerkennung für ihre wertvolle Mitarbeit bei Fraktionssitzungen erhalten können.
Meine Damen und Herren, während der zurückliegenden Beratungen war es für mich und uns als Fraktion ein zentrales Anliegen, dass digitale Sitzungsformate Eingang in die Kommunalverfassung finden. Am 30. Juni tritt das kommunale Notlagegesetz außer Kraft und damit auch die Möglichkeit, per Audio oder Video an einer Sitzung der Gemeindevertretung teilzunehmen. Leider ist es jedoch unwahrscheinlich, dass die Corona-Pandemie mit dem 30. Juni endgültig vorbei sein wird. Außerdem wissen wir nicht, was uns zukünftig noch an Herausforderungen erwartet. Deshalb wollen wir uns wappnen und diese neuen Sitzungsformate von nun an fest in der Kommunalverfassung verankern.

Außerdem soll die Gemeindevertretung künftig das Vorliegen einer Notlage auch eigenständig feststellen können. Dies ist vor allem in Fällen wie Hochwasser oder anderen lokalen Geschehnissen zweckmäßig. Mit diesen Neuerungen wollen wir die Entscheidungsfähigkeit unserer Kommunen dauerhaft sicherstellen.

Aber, meine Damen und Herren, auch jenseits von Notlagen haben hybride Sitzungsformate Vorteile.
Der Grundsatz der Präsenzsitzung und das direkte Miteinander machen für viele das Wesen einer Versammlung aus. Daran wollen wir auch gar nicht rütteln. Aber: Wer ein ehrenamtliches kommunales Mandat ausüben will, braucht mehr als starke Nerven. Man muss auch Zeit haben und mobil sein. Das trifft nicht auf alle zu, die sich gern engagieren wollen. Seien es jene, die sich um kleine Kinder oder pflegebedürftige Verwandte kümmern. Oder jene, die einer Sitzung gesundheitlich bedingt nicht beiwohnen können.
Oder jene, die eine Sitzung aus beruflichen Gründen nur aus der Ferne wahrnehmen können. Ihnen allen wollen wir die Möglichkeit geben, künftig per Video dabei zu sein. In meinen Augen setzen wir damit einen wichtigen Baustein für die Zukunft des kommunalen Mandats.

Meine Damen und Herren, wir bitten Sie um Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Ausschusses. Mit Verweis auf die umfassende Diskussion im Ausschuss lehnen wir die vorliegenden Änderungsanträge der Fraktionen Die Linke, AfD und BVB/Freie Wähler ab.

Vielen Dank.

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